Unserem bewährten "Vormann"
Theo Barzen ist es wieder einmal gelungen, eine Tour perfekt aufzubauen.
Er verstand es, nach schonendem Beginn die alpinen Anforderungen langsam
zu steigern und uns an mäßig ausgesetzte kurze Passagen zu gewöhnen.
Auch lernten wir nach fast komfortablen Beginn immer spartanischere
Nachtlager, dürftige sanitäre Einrichtungen und die räuberischen
schweizer Preise zu ertragen. Am reellsten wurden wir ausgerechnet auf
unserer höchsten, nur mit Hubschrauber zu versorgenden Hütte bedient.
Und viele Einkehrmöglichkeiten gab es auf der Strecke, die uns am
Fortkommen behinderten. Sechseinhalb Bilderbuchtage waren uns vergönnt
und dann waren wir über Nacht zart eingeschneit. Auffällig war, daß
wir mehrfach die einzigen Ubernachtungsgäste waren und die Touristen
sich fast ausschließlich auf Schweizer (Grüezi) und Japaner
beschränkten.
1. Tag
Am Freitag, dem 06.00.1996 trafen wir uns am Ortsrand von Meiringen
auf einem gebührenfreien (!) Parkplatz zum Aufstieg über
1370 m zu unserer ersten Übernachtung
auf der Großen Scheidegg. Theo versorgte uns noch mit Wegzehrung aus
seinem Kofferraum und transportierte unsere Rucksäcke bis zum Ende der
öffentlichen Fahrstraße auf etwa 3/4 der Anstiegshöhe, damit sich
keiner schon am ersten Tag übernehme. Der
Aufstieg orientierte sich im wesentlichen an der Fahrstraße und war
entsprechend einfach. Ein kleiner Schlenker zum Reichenbach-Wasserfall,
an dem der literarische Sherlok Holmes sein Ende gefunden haben soll,
hielt uns nicht auf und auf der Höhe (1962 m) erwartete uns ein
richtiges Gasthaus mit Ausblick auf die Eiger-Nordwand
2. Tag
Auch der Abstieg nach Grindelwald war entsprechend einfach.
Bemerkenswert war ein erst wenige Tage zuvor niedergegangener Eisbruch,
der sogar die wieder geräumte Fahrstraße verschüttete. Vor
Grindelwald bot sich für die Durstigen Gelegenheit zur Einkehr, für
die anderen der Besuch einer etwas enttäuschendcn Gletscherhöhle. Sehr
zurückgegangen war der Gletscher, so dass dieser nur über eine lange
Stiege mit 890 Stufen zu erreichen war. Der weitere Weg führte uns dann
wieder teilweise per Fahrstraße zur Kleinen Scheidegg (2061 m). Die
Unterkunft in einer gasthausartigen Hütte war nochmals gut. Dusche im
Preis inbegriffen. Der Ausblick auf Jungfrau. Mönch und Eiger war
eindrucksvoll.
3. Tag
Es erwartete uns viel Abstieg, zunächst ein aussichtsreicher
Fahrweg, dann ein Pfad steil hinab ins Trümmeltal. Erstmals waren wir
zeitlich etwas in Verzug, so daß wir für den Aufstieg nach Mürren die
Seilbahn benutzten, anstatt den ursprünglich vorgesehenen Umweg über
Lauterbrunnen, Steckelberg. Weiter ging es dann auf Wanderpfaden zur
Rotstockhütte (2039 m). Außer uns waren gerade noch vier Deutsche (!)
da. Die Verpfiegune war bergtypisch, das hölzerne Plumpsklo im
separaten Häuschen mit
angeschlossenem Hasenstall, etwas gewöhnungsbedürftig,
durch frischen Wind aber noch auszuhalten.
4. Tag
Nach problemlosem Aufstieg erreichten wir dann mit Überschreiten der
Sefinenfurge (2612 m) unseren ersten Höhepunkt mit großartiger
Rundumsicht. Lediglich die ersten Meter des Abstiegs waren etwas grob,
dann aber über eine lange Passage mit bequemer, breiter Hühnerleiter
entschärft. Nach längerem Abstieg über Almengelände erreichten wir
die Obere Bundalp (Berghaus Enzian). Für empfindliche Nasen war das kein Glücksgriff. Der Abort war
atemberaubend. Andere Übernachtungsmöglichkeiten weiter talwärts
wären vielleicht besser gewesen oder der sofortige Durchstieg (ca. 1000
m) zur Blümlialphütte (2840 m).
5. Tag
Da wir erst für den Abend auf der Hütte angemeldet waren, konnten
wir gemütlich aufsteigen (leicht, gut gesichert, Treppensteige). Mitten
in der Gletscherregion waren wir! Einige von uns machten eine kleine
Gletscherwanderung und bestiegen noch einen leichten Bergrücken,
um so 3000 m zu überschreiten. Der bis dahin recht verhalten aufgetretene
Theo wurde jetzt vom Bergfieber gepackt. Beschwingt machte er sich davon
zum fast unvermeidlichen Ausflug auf den Hausberg (Wildi Frau). Uber
Felsen und Schneebänder schwebte er in weglosem Gelände dahin, immer
kleiner werdend. Aber die wilde Frau wies ihn doch noch ab. Wegen
verschneitem Blankeis musste er mangels Steigeisen umkehren. Und
dann hatten wir noch zwei besondere Erlebnisse:
Eine recht waghalsige Hubschrauberentladung
ohne richtig aufzusetzen - und wir brauchten uns nicht zu waschen:
Wasser eingefroren. Und so machten wir trotz vorhandener sanitärer
Einrichtungen wiederum Bekanntschaft mit einem separat gelegenen
Nothäusel.
6. Tag
Der lange Abstieg war harmlos, vorbei an dem wunderschön inmitten
von Gletscherbergen gelegenen Oeschinensee nach Kandersteg und weiter
zum "Hotel" Waldhaus (1358 m). Immerhin gab es erstmals wieder
ein richtiges WC, die Waschanstalt in einem Schuppen konnte uns nicht
mehr erschrecken. Und abends gab es Kerzenlicht, im Restaurant durchaus
stimmungsvoll.
7. Tag
Auf neu hergerichtetem, steilen Serpentinenweg stiegen wir dann auf
ins Schwarenbach-Hochtal, schon eher eine Hochebene. Nach unvermeidlicher
Einkehr im ehemaligen Zollhaus ging es dann problemlos bergauf zum nicht
ausgesetzten Schwärzligrat und nach einem kurzen, weglosen Abkürzer
unterhalb einer Felswand zunächst über Almengelände und dann in
vielen Kehren einen steilen Hang hinauf auf den sehr breiten
Engstligengrat (2658 m), der sich durch inzwischen aufgezogene Wolken
verbarg. Und so stiegen wir in Nebel eingehüllt ab ins weite Hochtal
der Engstligenalp. Im Berghaus Bärtschi (1954 m) waren wir gut
untergebracht mit ordentlichem Lager und warmer Dusche. Nachts hat es
dann zart geschneit.
8. Tag
Es sollte der Tag der Entscheidung werden! Es
war gefroren, die Markierungen zugeschneit,
so daß die geplante Fortsetzung der
Tour über den Ammertengrat (2443 m).
Ammertentäli, Simmental, Ritzmad,
Berghaus Iffigenalp und weiter über
Iffigensee, Pt. 2377 m, Kühtungel.
Geltenhütte, Geltenschuss, Lauenensee,
Lauenen uns versperrt war. Schade.
Mit dem Notabstieg hatten wir dank
Seilbahn keine Probleme, wohl aber mit der Entscheidung, ob wir
aufhören oder ein Ersatzprogramm im Schneeregen durchziehen sollten. Da
gab es Unentwegte und Kleinmütige! Nach begonnenem Weg kehrten wir dann
doch noch um, letztlich richtig, denn es sollte noch Schnee bis in die
Täler geben. Und so zerbröselte unser Häuflein ohne richtigen
Abschluß in verschiedene Richtungen.
Teilnehmer: Theo Barzen, Marion
Gerhards, Peter Heinrichs, Stefan
Hofmann, Alfons Kalteier, Norbert
Lehr, Hermann Purucker, Hartmut Rencker,
Bert Stiehler