Wir waren wieder
die Kernmannschaft aus früheren Touren, angereichert um einen
Neuzugang. Trotz aller Routine, prima Kameradschaft und
probegewanderter Touren erforderten das Wetter und das sehr
unterschiedliche Leistungsvermögen vom dynamischen
Nichtsportler bis zu Marathonläufern einiges an Improvisation.
Schon bei der Abreise fing es an. Einer fehlte am Bahnhof.
Hinweis: Alle
Zeitangaben sind Normzeiten, tatsächlicher Zeitbedarf
wesentlich länger
1. Tag:
Aufstieg von Königssee zur Kührointhütte
Nach
ebenso vergnüglicher wie umweltgerechter und billiger Bahnreise
(hin und zurück 119,-- DM) stiegen wir ohne den verlorenen Sohn
auf leichtem Weg vom Ort Königssee zur kleinen Kührointalm in
1400 m Höhe auf. Einen von Hartmut vorgeschlagenen Schlenker über
die weiße Wand und den Grünstein schenkten wir uns. Schade
drum, denn der Grünstein ist ein exzellenter Aussichtsberg. Wir
machten schon Sprüche, ob unser Verlust doch noch kommen würde
- und er kam tatsächlich mit Einbruch der Dunkelheit an. So
waren wir komplett bis auf Reinhold, den es weiter zum Watzmannhaus
trieb, um den nächsten idealen Tag für die Watzmannüberschreitung
zu nutzen, eine anspruchsvolle Grattour mit 2er Stellen und
einem supersteilen, langen und nicht ungefährlichen Karabstieg
bei einer Normzeit von über 10 Stunden.
(2,5 Stunden, 800 mñ)
2. Tag:
Kührointhütte
- Archenkanzel - Rinnkendlsteig - St.Bartholomä - Sigeretplatte
-Trischübel - Wimbachgrieshütte
Lange
sollte der Tag werden, viele Höhenmeter und die ersten
Anzeichen einer Selektion bringen. Es ging auf zunächst
einfachem Weg zum Aussichtspunkt Archenkanzel mit herrlichem
Tiefblick über den Königssee und dann über den mäßig
ausgesetzten, mit einigen Hühnerleitern recht gut entschärften
Rinnkendlsteig 800 m hinunter zum Königssee. Sehr zog sich die
Gruppe auseinander. Die Flotten nutzten den Vorsprung zum
textilfreien Abbau der Hitze im See, bis die Nachhut endlich
ankam. Nach einer Tankpause zwischen den Lackschuhtouristen in
St.Bartholomä ging es dann auf gutem Weg zunächst flugs aufwärts
in Richtung Trischübel. Bis zur von weitem unbezwingbar
erscheinenden, letztlich aber völlig problemlos ausgesprengten
und gesicherten Sigeretplatte (senkrechte Wand) ging alles noch
gut. Aber 1200 m aufwärts mahnten, wie unerlässlich regelmäßiger
Ausdauersport und Stoffwechselreserven sind. Die bereits
Enteilten mussten von Aufpasser Hartmut eingeholt und zur
Rucksackstaffette zurückgerufen werden. Die Entlastung wirkte
Wunder. Nach einer kurzen Pause und mit umverteilter Last ging
es wieder. Dann noch eine Stunde Abstieg zur unfreundlichen
Wimbachgrieshütte (1326 m). Lang ist der Tag geworden und schon
kurz nach unserer Ankunft schüttete es aus Kübeln. Watzmannüberquerer
Reinhold war schon seit Stunden da, in gerade einmal 7,5 Stunden
also über 30% schneller als die Normzeit, und das mit nur
gering entlastetem Wochenrucksack.
(8
Stunden, 1250 mñ,
1300 m ò)
3. Tag:
Wimbachgrieshütte
- Trischübel - Hirschwiese - Trischübel - Hundstodgatterl - Ingolstädter
Haus
Von
der Wimbachgrieshütte ging es auf gutem Weg wieder zurück zur
Wegegabelung Trischübel. Ohne Rucksäcke machten wir einen
Aufschwung über 350 m zur aussichtsreichen Hirschwiese (2114 m)
mit Panoramablick über den Königssee bis zum Hohen Göll, die
Watzmannsüdspitze mit Frau und Kindern direkt vor uns, bis hin
zum Hochkalter und entgegengesetzt über das Steinerne Meer.
Sogar die nächsten drei Stunden unseres weiteren Weges bis zum
Hundstodgatterl konnten wir überblicken. Aufwärts ging es noch
leidlich, aber abwärts war wegen Feuchtigkeit Vorsicht geboten
und so machten die Schnellen ausgiebig Pause, wogegen den Nachzüglern
nur ein eiliger Schluck und ein hastiger Happen verblieb.
Hartmut trieb zum beschleunigten Kauen an, denn
Wetterverschlechterung kündigte sich an. Der Aufstieg vom
Trischübel zum Hundstodgatterl (2188 m) war teilweise etwas
unkomfortabel aber ungefährlich. Dann folgten endlose 170 m
wegloser Abstieg über ausgewaschene Karstrippen und Blockwerk,
für den einen eher Beingymnastik, für andere aber schon eine
zeitaufwendige Herausforderung. Und so holte uns der Regen doch
noch ein. Bald war das Ingolstädter Haus (2119 m) in ca. 2 km
Entfernung auf einer Kammhöhe zu sehen. Aber das sollte noch
eine Stunde dauern.
(6,5 Stunden, 1575 m ñ,
780 m
ò)
4. Tag: Ingolstädter
Haus (ohne Hundstod) - Kärlinger Haus
Es
hat die ganze Nacht geschüttet und es hörte nicht mehr auf.
Keine Wolke war zu sehen, wir waren mitten drin. Eine
Neuorientierung der Tour war notwendig. An einen Aufstieg auf
den Großen Hundstod war nicht mehr zu denken (2x470 m, 3
Stunden, leicht ausgesetzt). Wir hatten Zeit, auf
Wetterbesserung zu warten, weil ohne die vorgesehenen Extras der
Weg zu den nächsten Hütten (Riemannhaus oder Kärlinger Haus)
keine drei Stunden dauert. H. hatte die Gruppe in Vorahnung für
diesen Tag gleichzeitig in zwei Hütten angemeldet. Und so
entschieden wir uns für das in nur 1630 m Höhe gelegene Kärlinger
Haus. Bald kamen wir unter die Wolkengrenze und bis wir nach 2,5
Stunden am Ziel waren, lichtete sich der Himmel zusehends. Aber
was macht man mit einem angebrochenen Tag. Der Bewegungsmangel
leidende Reinhold tat das Richtige. Er kümmerte sich nicht um
das Quartier, ließ seinen Rucksack fallen und enteilte sogleich
beschwingt auf den Hausberg Viehkogel (2160 m). Inzwischen war für
den Rest des Tages Bilderbuchwetter und so konnte R. nach einem
Gipfelsturm in weniger als der halben Normzeit sich eine
ausgedehnte Gipfelrast bei bester Panoramasicht leisten. Andere
legten sich ins Nest oder machten im märchenhaften Talkessel
des Funtensees einen Spaziergang.
(2,5 Stunden,120 m ñ,
700 m ò)
5. Tag:
Abstieg
Kärlinger Haus - Saugasse - St.Bartholomä
Schon
am Vorabend waren wir uns einig, dass sich die Gruppe aufteilt. Als
Ziel war die Wasseralm vorgesehen, erreichbar auf einem
leichten, waldreichen Weg ohne viele Höhenmeter oder hinauf über
das Tote Weib, die 2368 m hoch gelegene Niederbrunnsulzenscharte
und die Lange Gasse hinunter zur Hütte. Das wären immerhin ca.
1800 Kumulationsmeter geworden. Und nachts ging es dann wieder
geräuschvoll zu. Prasselnder Regen, Sägewerk im Lager und alle
behaupteten, fast nicht geschlafen zu haben. Da haben wohl
einige im Wachzustand gesägt. Wenigstens für den Vormittag war
erträgliches Wetter angekündigt, deshalb wollten wir zeitig in
zwei Gruppen aufbrechen. Aber wir mussten uns wieder Zeit
lassen. Es regnete immer noch, wenn auch nachlassend, allerdings
blieben die Berge in Wolken und für die nächsten Tage war eher
noch schlechteres Wetter angesagt. Und so zerriss es manches
Herz, als uns der Verstand gebot, abzusteigen. In reichlich 2,5
Stunden ging es die Serpentinen der abwärts gar nicht so grässlichen
Saugasse hinunter an die zum Bade ladenden Gestade des Königssees.
Das Wolkenbild bestätigte die Richtigkeit unserer etwas
schmerzlich gewesenen Entscheidung. Und es sollte noch
schlechter werden. Am nächsten Tag Schneefall bis 1900 m. An
St.Bartholomä angekommen, reichte die Zeiteinteilung noch für
eine frisch geräucherte Forelle. Trödeln durften wir nicht,
denn bis nach Hause waren noch sieben (!) verschiedene
Verkehrsmittel fällig (Schiff, Bus, 4xBahn, Bus). In Bad
Reichenhall warteten wir im bereit stehenden Zug eine viertel
Stunde auf die Abfahrt. Einer fehlte wieder. Und dann geschah
etwas, was es auf dem alten Bahnhof noch nie gegeben hat. Wie im
Märchen sahen wir den vermissten Norbert nahen, ein Tablett
schwebte auf seinen Händen, gekrönt von sieben Gläsern
frischen Schankbieres. Nur ein wenig schnell trinken mussten
wir, denn der stramme Pfand für die Gläser gebot eine Rückgabe.
Und so fuhren wir guter Dinge zurück und freuten uns über
jeden Schauer. Vielleicht vollenden wir noch die abgebrochene
Tour, evtl. in zwei Varianten, einmal Voll- und einmal
Schonprogramm.
(2,5
Stunden, 80 m ñ,
1100 m ò)
Wegen
Dauerregen und Schneefall nicht realisiert:
5.
Tag: Kärlinger Haus - Totes Weib - Niederbrunnsulzen -
Lange Gasse - Wasseralm
(5 Stunden, 750 m +,
960 m - )
6.
Tag: Wasseralm - Landtalsteig - Schneibstein - Stahlhaus
(6 St., 900 m +,
600 m -)
7.
Tag: Stahlhaus - Hoher Göll - Salzburger Steig - Purtscheller
Haus
(7
Stunden, 800 m
+,
850 m -)
Teilnehmer:
Hartmut Rencker (Leitung), Reinhold Andres, Ingrid und Wolfgang
Briese, Hermann Funk, Werner Horn, Norbert Lehr
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