Trotz der in der Ausschreibung
hervorgehobenen Anforderungen wunderte sich mancher Teilnehmer,
welche konditionellen und alpinen Ansprüche Teneriffa stellt.
Allerhand Höhenmeter waren zu bewältigen, dazu ausgesetzte
Stellen, weglose Abschnitte und bizarres Blockwerk. Viele
Touren mussten abgekürzt werden, auch wegen der
Pausenfreudigkeit der Gruppe. Die Anfahrten dauerten regelmäßig länger als eine Stunde, bei
Höhenunterschieden von 1000 bis über 2500 Metern je
Fahrtrichtung kein Wunder.
Typisch für Teneriffa ist, dass es
keine brauchbaren Karten gibt, keine Wegemarkierungen (Nachtrag
2007: inzwischen einige Strecken gut hergerichtet und markiert !
), ein
Labyrinth von Ziegenpfaden und nicht selten Steinmännchen in
die falsche Richtung, errichtet von verirrten Wanderern, die
sich richtig wähnten. Einiges wurde von uns korrigiert. Gänzlich
atypisch war das Wetter und
entsprechend schwierig die tagesaktuelle, dem Wetter angepasste
Tourenwahl. Der sonst vorherrschende, ruhige
Nordostpassat mit dem einem Saturnring ähnlichen Wolkenstau
fehlte gänzlich. Stattdessen gab es überwiegend umgelenkte und
erwärmte Polarluft aus Südwest mit rasch wechselnden
Wolkenbergen, durchaus ein Vorteil, denn die Nebelwaldzonen mit
Baumheide, Lorbeer und langen Bartflechten waren frei und die
Sicht ungewöhnlich gut. Nur
einmal erwischte uns am Ende einer Tour ein blitzartig aus fast
heiterem Himmel heraufgezogener Stauregen. Zwei Tage hatten wir
"tiempo sur" (Saharawind) mit Tagestemperaturen von
30°. Und auf Seehöhe war es alle Tage schwül-warm bis
in die Nacht.
Alle Touren exakt zu beschreiben, würde
den Rahmen sprengen, aber einige Besonderheiten seien
hervorgehoben. Manches Problem war zu meistern. So musste nach
einem Sturz an kritischer Stelle eine abenteuerliche Rettung
durchs flache Wasser auf ein Boot improvisiert werden (Tour 4).
Fast wäre auch die bereits von Deutschland aus bestellte
Bootsfahrt (Tour 6) ins Wasser gefallen. Ungewöhnlich hoher
Wasserstand durch Winddruck und aufkommender Seegang an sonst
ruhiger Stelle erforderte Springen auf das kleine, nicht ruhig
zu haltende Schiff. Einmal war wegen einer falschen Telefonnummer kein Bustaxi zu bekommen (Tour 7). Freundliche
Tinerfeños halfen uns aus der Verlegenheit und brachten
uns zum nächsten Busbahnhof. Und zwei Feiertage mit
ausgedünntem Busfahrplan mussten auch noch berücksichtigt
werden.
Auch formale Schwierigkeiten galt es zu
überwinden. Die Übernachtung in einer unbewirtschafteten, aber
beaufsichtigten Hütte bedarf der korrekten Einhaltung des
Dienstweges. Trotz Voranmeldung und Bestätigung stellte sich
erst vor Ort heraus, dass bei seiner Exzellenz, der kanarischen
Naturschutzbehörde Cabildo insular, bereits zwei Monate vor dem
letztlich wetterabhängigen Termin die Genehmigung für einen
festgelegten Tag beantragt und im Voraus bezahlt werden muss.
Nach zähem Kampf, sprachlich unterstützt von unserer resoluten
Wirtin, öffnete unsere Mitgliedschaft in der Asociación alpina
alemán den Zugang zum Lager, und das sogar zum Sonderpreis von
nur 6,-- DM. Ausgestattet mit den nötigen Papieren wurde uns
dann tatsächlich Einlass in der mit einer Innentemperatur von
molligen 6 Grad aufwartenden Hütte in 3260 m Höhe gewährt.
Das Wasser war eingefroren, aber die Federbetten in hygienischem
Schwarz nach längerer Aufheizzeit backofenwarm.
Wegen unserer zeitigen Ankunft auf der
Hütte (Tour 9) sind wir dann noch ca. 100 Höhenmeter auf
teilweise vereistem Weg angestiegen, um eine entgegen den
Angaben im Führer nicht markierte Eishöhle zu suchen. Gleich
zweimal sind die Eiligen am unsichtbaren Zugang vorbeigelaufen,
nur Hartmut hat die ausnahmsweise nicht probebesichtigte Höhle
erspäht und wegen 10 Minuten Suchen vom weitaus
"wichtigsten" Mann der Gruppe noch verbale Prügel
bezogen. Gelohnt hat sich der kleine Abstecher nicht. Die von
einer vulkanischen Gasblase geformte Höhle von der Größe
einer Scheune war als Ergebnis des kaum ausgeklungenen Sommers
fast eisfrei. Sehr interessant und weltweit wohl einmalig waren
aus einem steilen Lavageschiebe wie nasse Schneebälle
herausgerollte und dabei immer dicker gewordene Basaltkugeln von
ca. 5 m Durchmesser. Bemerkenswert auch die vielen glasartigen
Obsidiane in diesem Bereich als Hinweis, dass dünnflüssige
Lavaspritzer unter arktischen Verhältnissen (Eiszeit)
blitzartig erstarrt sein müssen.
Am nächsten Morgen, noch in der
Dunkelheit, ging es bei angenehmer Windstille und nur leichten
Minustemperaturen weiter aufwärts zum offiziell gesperrten, um
diese Zeit aber noch nicht bewachten Gipfel (Tour 10).
Eisplatten in den Schattenlagen, ein Mangel an funktionierenden
Taschenlampen und auch die dünne Luft machten unser Häuflein
recht langsam. Und so erlebten wir den Pico del Teide mit
stolzen 3718 m Höhe im Sonnenaufgang. Eindrucksvoll der
dreieckige Schattenwurf und die Inseln Gran Canaria, La Gomera
und schemenhaft El Hierro und La Palma am Horizont. Auffallend
waren die seit dem letzten Jahr zahlreicher und intensiver
gewordenen Fumarolen im Bereich des gesamten Gipfelaufbaus als
Hinweis auf sich möglicherweise anbahnende Aktivitäten.
Eine unangenehme Überraschung gab es
dann beim Abstieg. Wir wollten unsere Getränkevorräte an der
bei der Vortour noch existierenden Verkaufsbude der
Bergstation der Seilbahn ergänzen, aber aus Gründen des
Naturschutzes war diese bis auf eine Toilette stillgelegt.
Trotzdem sind wir guter Dinge weiter gezogen, den 800 m
messenden und ca. 500 Höhenmeter unter uns liegenden
Nebenkrater Pico Viejo als Ziel mit anschließend geplantem
Leichtabstieg mit Abfahrten über steile Bimsfelder bis zu einer
Straßenkreuzung mit der einzigen Busverbindung gegen 16:15 Uhr.
Zuvor galt es, ein großes, absolut wegloses, bizarres,
schwarzes Geschiebebasaltfeld mit kippeligem Blockwerk auf Sicht
zu überwinden. Es ist uns gelungen, immer wieder Steinmännchen
zu finden und uns fadengenau bis zum Beginn der dann wie ein
Spazierweg einladenden Spur durchzuschlängeln. Dann aber kam
Verdruss auf. Vom weglosen Abstieg genervt, behagte einem die
lange Busrückfahrt um die halbe Insel herum nicht. Eine andere
Abstiegsmöglichkeit zu einer Haltestelle in die Gegenrichtung
wurde energisch eingefordert. Eine solche, wesentlich längere
und schwierigere Möglichkeit deutete der Führer ohne
Wegebeschreibung an, dazu noch von einem anderen Startpunkt
ausgehend. Der mehrmalige Hinweis, besser den nunmehr leichten,
probegewanderten, landschaftlich reizvollen und geologisch
interessanten Normalweg fortzusetzen, vermochte nicht zu überzeugen
und schon ging es bergab. Dieser "Abkürzer" hatte es
in sich. Ein zwar ungefährlicher, aber sehr rauer und endloser
Schlauch über mehr als 1000 Höhenmeter. Immerhin haben wir
gerade noch den bevorzugten Bus erreicht und sind so zwei
Stunden eher ins Wirtshaus gekommen.
Teneriffa erlaubt in der Tat nur
metergenau in beide Richtungen probegewanderte Touren oder
flexible Leute, die auch einmal eine Improvisation ertragen.
Schlaglichtartig wurde dies bei der harmlosen Spaziertour 13 deutlich.
Hartmut setzte die Gruppe am Weiler Afur in nur 200 m Höhe ab,
mit der Anweisung, den Rest des Tales auf bezeichnetem, viel
begangenem Touristenweg bis zur Küste abzusteigen und dann auf
dem einzigen Weg oberhalb der Steilküste weiterzuwandern. Ein
"unfehlbarer" Teilnehmer, der diese Tour schon einmal
gegangen war, übernahm selbstsicher die Gruppe und verirrte
sich prompt in einen Ziegenpfad. Zwischenzeitlich kutschierte
Hartmut den Kleinbus die Berge hinauf und wieder hinunter zur
Abholstelle. Endlich konnte es H. einmal so richtig laufen
lassen und eilte der Gruppe entgegen, die er fast noch am Beginn
der Wanderung bei der unvermeidlichen Pause antraf. Nach
restlicher Wanderung auf Panoramaweg über der Steilküste bis
Taganana mit
Weiterfahrt über viele Aussichtspunkte klang der Tag dann im
probegegessenen Fischerlokal Rincon
de Anaga am Ende der Welt in Igueste de
San Andres aus. Mit Ausnahme der letzten beiden Tage
legten wir alle Anfahrten für ganz wenig Geld mit Linienbussen
zurück.
Tourenübersicht
Standort
Puerto de la Cruz, Schnäppchenquartier Don Candido. Die
Zeitangaben gelten nur für die Touren ohne Busfahrten.
1.
Tag
(Anreisetag): Spazierwanderung zur schwarzen, einem Amphitheater ähnlichen
Bollulo-Bucht und zum hoch über der Steilküste liegenden Cafe
Vista Paraiso mit wunderschöner Aussichtsterrasse, Rückfahrmöglichkeit
mit Bus
(2 x 1,5 St. 200ñ
200ò)
2. Tag:
Leichter, in der Länge variabler Aufstieg von der Küste
zu den Bergdörfern im Anaga-Gebirge:
Punta Hidalgo
– Chinamada – Mirador de Aguaide – Las Carboneras –
Taborno – (Roque de Taborno ausgelassen) – Afur
(5 St. 1100ñ
900ò)
3.
Tag: Aussichtsreiche
Kammwanderung auf der Wetterscheide in ca. 1000 m Höhe:
Cumbre
de Erjos
– Kleiner Gala (Aussichtsberg 1300 m) – Cumbre de Bolico –
La Tabaiba – Teno alto – (Risco-Steig ausgelassen wegen plötzlich
einsetzendem Regen) – Bustaxi nach Buenavista
(4 St. 500ñ
800ò)
4. Tag: Aussichtsreiche, teilweise sehr unübersichtliche, in
einem Abschnitt ausgesetzte Tour:
Igueste de San
Andres – Semaforo – Playa de Antequera –Igueste
(5 St. 1000ñ
1000ò)
5. Tag: Leichter Aufstieg auf guten Wegen zum Konditionsaufbau
von 1150 m auf 2300 m:
La Caldera –
Montaña Limon – Corral del Niño – (Cerillar – Abreo
ausgelassen) – Fahrstraße – El Portillo
(5 St. 1200ñ
350ò)
auch in Gegenrichtung möglich
6. Tag: Beeindruckender
Abstieg durch eine bizarre, bis 800 m tiefe Schlucht zur Küste
mit Badegelegenheit und anschließender Bootsfahrt entlang der
Steilküste:
Santiago del
Teide – Bergstraße bis Masca – Barranco de Masca – Boot
– Los Gigantes
(4
St. 150ñ
1050ò)
7.Tag:
Leichtes
Höhentraining, Überschreitung des Guajara (2715 m):
Parador –
Degollada de Ucanca – Guajara – Degollada
de Guajara – Mondlandschaft (schwarze und gelbe Winderosionen)– Jugendlager Madre del Agua – mangels Taxi improvisierter
Transport zum Busbahnhof nach Granadilla
(5 St. 850ñ
1200
ò)
8.Tag:
Eindrucksvolle, unvollendete Rundwanderung über der
Steilküste der Anaga-Berge:
Almaciga –
Bermejo – Las Palmeras – Faro de Anaga – Montaña Tafada
– (Roque Icoso – Cabezo de Tejo – Almaciga wegen
Leistungsschwäche einiger Teilnehmer ausgelassen)
– Chamorga
(4,5
St. 900ñ
450ò)
In umgekehrter Richtung als komplette Rundwanderung schöner,
dann aber 6,5 St. und
mehr Höhenmeter
1300
ñ
1300
ò
9.Tag:
Erster Höhentest:
El Portillo
– Montaña blanca – Refugio altavista – Eishöhle –
Refugio altavista – Lagerübernachtung auf 3260 m !
(6 St. 1700ñ
200ò)
10. Tag: Härteprüfung:
Weiterer
Aufstieg in Dunkelheit – La Rambleta – Sonnenaufgang auf dem
Pico del Teide 3718 m ! – La Rambleta – Mirador Pico Viejo
– wegloser Abstieg durch bizarres Blockwerk – (Pico Viejo
und leichter Restabstieg bis Boca de Tauce ausgelassen) – mühsamer
Querabstieg zur Straße
(7 St.
500ñ
1800ò)
11. Tag: Aussichtsreicher, leicht ausgesetzter Steilaufstieg in
den Teno-Bergen (Rest der wegen Regen abgebrochenen Tour 3 gegenläufig):
Buenavista –
Risco-Steig – Roque el Toscon – Teno alto – La Tabaiba –
(Fortsetzung nach Masca ausgelassen, weil kein Bus am Feiertag)
– Las Portelas. Auf der Rückfahrt Unterbrechung im bei
Tagestouristen beliebten Garachico
(4
St. 950ñ
300ò)
12. Tag:
Erholungsprogramm zur Knie- und Fußregeneration mit nur
noch halber Truppe:El
Portillo – Parador
(4
St.
150ñ
150ò)
13. Tag: Große Inselrundfahrt mit vielen Aussichtspunkten:
La Laguna – Anaga-Berge mit leichter Wandereinlage: (Afur – Playa del
Tamadite – Taganana 2,5
St.
400ñ
400ò)
– El Bailadero – Igueste, hier Fischerlokal
14. Tag: Inselrundfahrt mit vielen Aussichtspunkten:
La Laguna –
Cumbre dorsal – Las Cañadas mit leichter Wandereinlage:
(Umrundung Roques de Garcia
2 St. 100ñ
100ò)
– Boca de Tauce – Chio – Puerto de Erjos – Mirador
Garachico – Icod
Teilnehmer: Werner
Elbert, Leonhard und Marianne Kremer, Dr. Sabine Lehnicke,
Wolfgang Reinhard, Hartmut Rencker, Jürgen Schieler, Siegfried
Vogt.
Wer hat Lust auf volles Programm ohne
Abkürzungen? Nur für wirklich Leistungsstarke mit
Gruppengeist, guter Kondition, Trittsicherheit und
ausreichender Schwindelfreiheit geeignet. Bei genügend
Interesse auch Leichtprogramm für
"Normalos" auf Teneriffa möglich,
auch La Palma (teilweise anstrengend)
oder Rucksackumrundung von La Gomera (anstrengend)
Mehr Information in der
Übersichtsseite
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