Genmais ruiniert Landwirt

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Landwirt hat alles verloren

Palling (zei). Rund 450 Menschen füllten den Saal beim „Michlwirt“ in Palling, als der hessische Landwirtschaftsmeister Gottfried Glöckner auf Einladung von Zivilcourage Traunstein und Berchtesgadener Land referierte. Er war einer der ersten Milchbauern Deutschlands, der sich mit dem Chemie-Giganten Syngenta einließ, gentechnisch veränderten Mais anbaute und verfütterte – und bittere Erfahrungen mit der „Grünen Gentechnik“ gemacht hat. Nun warnt er landauf landab vor den Gefahren

Als ehemaliger „Vollgasbauer“ wollte er die Sache wissenschaftlich angehen und dokumentierte akribisch Erfahrungen bei Anbau und Verfütterung von Genmais. Zunächst war er von der mit dem Bazillus thuringensis (Bt) infizierten Maissorte, die er auch an seine Rinder verfütterte, begeistert. Die Pflanzen produzieren ständig ein Gift, das gegen den Maiszünzler-Schädling wirksam sein soll. Das Robert-Koch-Institut testete den Mais vor der Zulassung „nur einige Monate in fragwürdigen Fütterungsversuchen“, was Glöckner aber noch nicht ahnte. Er war begeistert, der Proteingehalt der Pflanzen war höher als bei herkömmlichen Sorten. Wie Glöckner später herausfand, konnten die Tiere jedoch lebenswichtige Nährstoffe über dieses Futter nicht aufschließen. Nach zweieinhalb Jahren kam es zu massiven Problemen: Seine hochprämierten Hochleistungs-Zuchtrinder bekamen Durchfall, eitrige Euter, gaben nur mehr vier bis sieben Liter Milch am Tag, es kam zu Totgeburten und Missbildungen bei Kälbchen und Todesfällen.

Er war ratlos, wurde doch von der TU Weihenstephan zugesichert, dass sich das Bt-Gift spätestens nach vier Wochen im Körper der Tiere abgegebauthätte. Er schickte Futterproben zu Syngenta. Die meinten, es sei alles in Ordnung. Er wurde misstrauisch und ließ eigene Untersuchungen anstellen. Und wurde fündig: Im Futter, das 18 Monate gelagert war, fand sich das Toxin noch immer, auch in der Milch und in der Gülle.

Als er von Syngenta und den Wissenschaftlern keine Unterstützung bekam, wandte er sich an Greenpeace und – was ihn als CDU-Mann besonders hart ankam – an Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne), der er eine Steilvorlage lieferte, um ein Verbot von Genpflanzen zu propagieren, so Glöckner.

Wie seine Nachforschungen ergaben, starben durch die BtMais-Fütterung die natürlichen Bakterien im Kuhmagen ab, die Rinder konnten nicht mehr verdauen, bekamen Durchfall und starben. Für Glöckner bedeutete das den „wirtschaftlichen Totalschaden“ – neben der psychischen Belastung. „Ich habe alles genetische Tiermaterial verloren, alle Zuchterfolge sind zunichte gemacht worden“, klagt er. Die Innereien der verendeten Tiere, die er zu Untersuchungen in ein Institut einschickte, seien verschwunden. Glöckner sieht darin eine Verquickung von Wissenschaft und Konzernen, wie auch im Vorfeld bereits an Untersuchungsergebnissen manipuliert wurde.

Glöckner, der im In- und Ausland von seinen Erfahrungen berichtet, bekam von Syngenta „Schadensersatz“ geboten – Geld und Immobilien, wenn er keine Vorträge mehr hält. Den Maulkorb ließ er sich aber nicht verpassen. Etliche Bestechungsversuche folgten, um ihn zum Schweigen zu bringen. Just zu diesem Zeitpunkt kam es auch zu einer Wende in seinem bis dahin problemlosen Scheidungsprozess: Seine Frau wechselte den Anwalt – und er wurde auf „Vergewaltigung in der Ehe“ verklagt. Was Glöckner als schlechten Scherz abtat, wurde ihm zum Verhängnis. Er wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Der Gefängnisdirektor verrietihm, dass in seinen Unterlagen der Eintrag „Gentechnikgegner“ stehe. Glöckner meint, dass er ruhiggestellt werden sollte – „ein ungeheuerlicher Vorgang in einer Demokratie“. Wegen guter Führung wurde Glöckner vorzeitig entlassen, zwischenzeitlich weren jedoch sein Hof und seine Gründe versteigert.

Sein größter Wunsch ist es nun, seinen Hof wieder bewirtschaften zu können. Er fordert, dass Genpflanzen, wenn überhaupt, nur nach dem Arzneimittelrecht zugelassen werden sollten. Im Agro-Gentechnikbereich werde viel vertuscht und manipuliert. Derzeit werde wieder versucht, die Agro-Gentechnik durch die Hintertür zu etablieren. Die Politik sei bei der Einschätzung der Sachlage überfordert und höre zu viel auf Lobbyisten der Chemieindustrie statt auf Volkes Wille. Deutschland solle das Einfallstor der AgroGentechnik für Europa werden, ist sich Glöckner sicher. „Wir haben Verantwortung für unsere Kinder und würden den Politikern gerne Hilfestellung geben“, meint er.

80 Prozent der Bürger in Deutschland wollten keinen Anbau von Gen-Pflanzen, jedoch agiere die Koalition von CDU und FDP und EU-Lobbyisten gegen Volkes Willen. „Es geht ja dabei um sehr viel Geld“, meinte er. Mitorganisator Georg Planthaler von Zivilcourage appellierte an die zahlreichen Bauern im Saal, konsequent kein Kraftfutter mit Gensoja mehr zu kaufen. Sein Kollege Bernhard Hennes möchte Widerstandskräfte bündeln und Bauern sowie Lebensmittel-Verarbeiter dazu überreden, ohne AgroGentechnik zu produzieren. Futtermittelhändler Josef Feilmeier meinte, dass es genug heimische Futtermittel gäbe, riet aber von Raps als Alternative ab, da dies eine chemieintensive Pflanze sei und riet dagegen zum Sojaanbau, natürlich ohne GVO.

Zum Thema ist frisch ein Buch erschienen, in der auch die Geschichte Glöckners beschrieben wird: Klaus Faißner, „Wirbelsturm und Flächenbrand – das Ende der Gentechnik“, ISBN: 978-3-200-01749-8.