Guten Abend
ihr lieben Leute,
die Lage war noch nie so ernst, wusste schon Altkanzler
Adenauer. Jetzt aber ernsthaft. Mein Vortrag wird wieder
reichlich lang, mehr anstrengend als mitreißend, auf jeden Fall
interessant.
Das
Gezerre um die ach so schlimmen Dieselstinker nimmt kein Ende.
Ich stehe ganz gewiss nicht in Verdacht, den Autoverkehr
gesundbeten zu wollen, aber was sich hier abspielt, ist
Unverstand. Denn die von der Politik verordnete Sparsamkeit bei
hoher Leistung geht nur um den Preis der Hinnahme von
Schadstoffen wie Ultrafeinstaub und Stickoxiden. Und
Naturgesetze lassen sich von Vorschriften nicht aushebeln.
Flugzeugtriebwerke sind übrigens weitaus schlimmer als
Dieselmotore. Der Luftverkehr im Nahbereich von Fraport
produziert mehr Schadstoffe als der gesamte Bodenverkehr von
Rhein-Main, lediglich besser verstreut. Mehr dazu später.
Etwas
gibt zu denken, nämlich die Panik, ganz schnell vom
Verbrennungsmotor wegkommen zu wollen. Es geht nicht nur um den
in Verruf gekommenen Dieselmotor. Weshalb also die Eile? Sind
die noch verbliebenen Erdölvorkommen knapper als das zugegeben
wird oder geht wegen der rasant fortschreitenden Klimaerwärmung
die Angst um? Die Häufung von Unwettern in Deutschland und die
verheerenden Wirbelstürme nicht nur in der Karibik geben zu
denken.
Was
sind die Alternativen für den Verkehr am Boden und in der Luft?
Die elektromobile Zukunft kann nur spartanisch sein.
Tonnenschwere Stadtpanzer über die Autobahn zu jagen, erfordert
Energiemengen, die kein bezahlbarer und transportierbarer Akku
leisten kann. VW denkt gerade über einen Golf von genügender
Reichweite nach mit einem immerhin 500 kg schweren Batteriesatz.
Und woher soll all der viele Strom kommen? Wer sich vormacht,
teuren ÖKO-Strom zu tanken, darf nicht vergessen, dass dann für
Großverbraucher wie Fraport nur noch billiger Braunkohle- oder
Atomstrom übrig bleibt. Flächendeckendes Schnellladen wird
eine Illusion bleiben, denn kein Netz hält Ladeströme von 300
- 500 Ampere aus, wenn die Anlieger einer ganzen Wohnstraße
gleichzeitig Energie saugen wollen. Das wäre der tägliche
Blackout. Wir müssen unser gesamtes Mobilitätsverhalten
hinterfragen und nicht nur das.
Noch
schlimmer wird es den Luftverkehr treffen. Kerosin ist ein
hochenergetischer Treibstoff, der dem optimalen Wasserstoff nahe
kommt. Als Ersatz kommt nur der spezifisch schwerere Alkohol in
Frage oder Kerosin aus Rapsöl oder wieder Kohleverflüssigung
als Notnagel. Woher soll der Biotreibstoff kommen? Aus
niedergebrannten Regenwäldern? Der eigentlich ideale und dazu
noch superleichte Wasserstoff kann keine Lösung sein, denn
dieser ist unter realen Bedingungen nicht transportierbar. Im
Gegensatz zu den Rohölabkömmlingen Propan und Butan kann
Wasserstoff mit keinem Druck des Universums verflüssigt werden.
Wasserstoff bleibt bei normalen Temperaturen immer ein Gas, das
schwere Hochdruckflaschen erfordert und das mit nur geringer
Kapazität. Oder Verflüssigung durch energieintensive
Ultratiefkühlung auf unter minus 253°C wie in der
Raketentechnik. Und elektrisch Fliegen wird am Gewicht und der
geringen Kapazität der Batterietechnik scheitern. Allenfalls
sind Kurzstrecken mit Propellerantrieb denkbar, aber dann ist
der Bodenverkehr billiger und schneller. Dass elektromobiles
Fliegen nicht funktionieren kann, bewies erst vor kurzer Zeit
die erfolgreiche oder in Wahrheit erfolglose Erdumrundung mit
einem fragilen Papiervogel, der weitaus länger auf günstige
Sonne und gnädige Winde warten musste als er mit Radfahrertempo
in der Luft war. Auch wenn ich verlacht werde, ich erwarte eine
Wiedergeburt des nur Vortrieb benötigenden Zeppelins als behäbigen
und wetterempfindlichen Lastesel, dank seiner großen Oberfläche
evtl. sogar mit Nutzung von Sonneneinstrahlung. Das gescheiterte
Experiment Cargolifter war einfach zu früh dran.
Im
Mai habe ich Sie /euch schon einmal naturwissenschaftlich
strapaziert und ich musste von meinem zu üppig gewordenen
Konzept einiges weglassen. Das will ich jetzt gedrängt
nachholen. Wer in der Schule aufmerksam war, weiß, dass der
Luftstickstoff ein gutmütiger, träger Geselle ist, der nur
unter extremen Bedingungen sich in eine Verbindung zwingen lässt,
besonders reichlich bei hohen Verbrennungstemperaturen und hohem
Druck, also vor allem in Dieselmotoren und weitaus mehr in
Flugzeugtriebwerken.
Dieselmotoren
und Flugzeugtriebwerken ist gemeinsam, dass aus technischen Gründen
mehr Luft durchgejagt wird als zur Verbrennung notwendig ist.
Und genau das führt zu dem Reaktionsprodukt Stickoxide. Und was
bei Flugzeugtriebwerken hinten rauskommt, geht keinen etwas an.
Nämlich nicht nur Ultrafeinstaub, sondern jede Menge
Stickoxide. Aber das ist sakrosankt.
Die
als Nebenprodukt des Verbrennungsvorgangs entstehenden
Stickoxide zerfallen von selbst und heil ist die Welt. Bei der
Selbstauflösung gibt aber ein paar Nebenerscheinungen. Im
feuchten Milieu der Lunge werden die eingeatmeten Stickoxide zur
Säure, also saures Lüngerl. Einen halbwegs gesunden Menschen
wirft das selbst bei hoher Belastung nicht gleich um, bedenklich
bleibt es dennoch, auch wegen der beim Zerfall entstehenden
Freien Radikale. Alles kommt schon immer in der Natur vor, sogar
im Zellstoffwechsel. Die Natur hat Abwehrmechanismen erfunden,
aber nicht für die menschgemachte Menge.
Die
bei der Verbrennung entstehenden Stickoxide sind naturgesetzlich
unausweichlich. Allerdings lässt sich deren natürlicher
Zerfall technisch beschleunigen, also noch im Auspuffstrang. Das
kostet einigen Aufwand und allerhand Harnstoff als
Reaktionshelfer. Und genau hier hat die Autoindustrie gespart,
auch zum Kostenvorteil des Nutzers. Während bei Bodenfahrzeugen die Verbrennungsgase
nachbehandelt werden können, ist das bei Flugzeugturbinen
undenkbar, denn der unbehinderte Austritt der Verbrennungsgase
ist elementar für den Vortrieb. Allenfalls könnte man bei
Kolbenmotoren der Sorte Tante Ju eine Nachbehandlung versuchen.
Aber wir wollen ja schnell und billig.
Und
damit sind wir endlich bei Fraport. Jeden Tag werden alleine bei
Fraport 15 Millionen Liter Treibstoff getankt. Davon werden im
Nahbereich ungestraft fast 1 Million Liter Kerosin zu einem sich
absenkenden Giftcocktail aus Stickoxiden und lungen- und gefäßgängigem
Ultrafeinstaub verbrannt, der auch die Blut-Gehirnschranke
durchdringt. Das ist mehr als der gesamte Bodenverkehr in
Rhein-Main hervorbringt. Offiziell gibt es keinen Feinstaub
durch Luftverkehr, denn es werden nach der Rechtslage die
Partikel in molekularer Größe mit einem viel zu groben Netz
nicht gefangen und das Nichts wird dann gewogen und nicht gezählt.
Formaljuristisch gibt es also nichts, so wahr die Erde eine
Scheibe ist. Angeblich gibt es am Boden nichts, also fast
Luftkurort. Ich frage mich, was Triebwerke beim Start verblasen
und was Wirbelschleppen auf den Boden peitschen. Im Wirbel ist
zwangsläufig alles drin. Genau dies hat auch das Umweltamt der
Stadt Frankfurt schon 2013 veröffentlicht, wonach der
Luftverkehr im Stadtgebiet von Frankfurt bei den Emissionen
einen Anteil 42% hatte.
Link: http://www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/ultrafeinstaub/umweltamt-frankfurt.JPG.
Die
lokale Quantifizierung scheint aber schwierig zu sein. Denn
gerade jetzt erst, hat die Stadt Frankfurt unter Verantwortung
unserer Mitstreiterin Dr. Ursula Fechter andere Zahlen veröffentlicht,
die aber keineswegs beruhigend sind. Link: http://www.frankfurt.de/sixcms/detail.php?id=8653&_ffmpar[_id_inhalt]=32681362&_ffmpar[_id_eltern]=2855
Bereits
seit Jahren sei bekannt, dass auch Flugzeuge bei Starts als auch
bei Landungen sowie bei Bewegungen auf dem Boden die gefährlichen
Stickoxide emittieren. 37 Prozent der im gesamten Flugverkehr
verursachten NOx Emission wird alleine über der
Rhein-Main-Region ausgestoßen. Dies veröffentlichte das
Umweltbundesamt in seiner „Berichterstattung unter der
Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen 2015“.
Alle Zahlen sind mit Vorsicht zu interpretieren. Keinesfalls
darf man verbrauchte Treibstoffmengen gegenüberstellen. Denn
aufgrund höherer Drucke und höherer Temperaturen emittieren
Flugzeugtriebwerke ein Vielfaches an Schadstoffen, die ein
Diesel abbläst.
Ø
die Bildungsrate von
Stickoxide nimmt mit Temperatur/Druck exponentiell zu
Ø
die
Verbrennungstemperatur im Dieselmotor liegt zwischen 600 und 900
°C,
in einem Triebwerk liegt die Temperatur bei 1200°C
Ø
der Luftüberschuss
liegt beim Dieselmotor bei Faktor 1,3 bis 6,
beim
Kerosin-Triebwerk je nach Außentemperatur bis Faktor 20
Im Flugbetrieb entstehen pro Tonne Treibstoff ca.
10 kg Stickoxide, beim Diesel Euro 6 liegen die Grenzwerte bei
ca. 500 g pro Tonne. Die Realwerte vielleicht bei 2 Kilo pro
Tonne. Ganz alte Diesel emittieren sogar weniger NOx, weil dort
Druck und Temperatur deutlich niedriger sind.
Ein Triebwerk stößt also aufgrund der
Verbrennungsbedingungen das 5-10-fache an Stickoxiden aus. Und
bei einem Verbrauch von täglich über 1 Million Liter Kerosin
nur im Nahbereich von Fraport also ca. 10.000 - 15.000 kg
Stickoxide, ein gigantisches Volumen. Eine Nachbehandlung ist
undenkbar, weil der Abgasstrahl elementar für den Vortrieb ist.
Flugzeuge sind also mit Abstand die größten Dreckschleudern.
Dies ist auch die Erkenntnis des Bundesumweltamtes, dessen
Auswertung der Start-Lande-Belastung (Nahbereich) meine Überlegungen
voll bestätigt. Und das ist je nach Örtlichkeit oft der
dickste Posten der Gesamtbelastung. Auch wenn der Dreck nicht
nur am Boden oder bodennah entsteht, senkt sich dieser selbst
bei Überfughöhen von 1000 m mit etwas Zeitverzögerung ab, wie
die Ultrafeinstaubmessungen unserer Mitstreitet Joachim Alt und
Wolfgang Schwämmlein bewiesen haben
Link: http://www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/ultrafeinstaub/ultrafeinstaub-mainz.pdf.
Bemerkenswert ist auch, dass Stickoxide gerade in
Reinluftgebieten langsamer zerfallen. So erklärt es sich, dass
in den Alpen oder an der See die Konzentration oft erstaunlich
hoch ist. Es ist also nicht nur ein regionales Problem.
Ordentlich Dreck gibt es natürlich auf dem Vorfeld, wie man
auch riechen kann. Im Rollbetrieb entspricht eine Sekunde etwa
60 Kilometer Autofahrt eines Euro-6-Dieselfahrzeugs mit Filter
Vor ca. zwei oder drei Jahren hat die
Mitarbeiter-Vereinigung der Fraport-Bodenverkehrsdienste bei der
Betriebsratswahl die Belastung vor allem des Bodenpersonals
thematisiert mit dem Slogan. „Bei Fraport stirbt man früher“.
Solche Unangepasstheit hat natürlich zu einem Aufbegehren bei
Fraport geführt. Die Mitarbeitervertretung wurde im Vorfeld der
Wahl derart behindert, dass es dieser gelungen ist, eine
Wiederholung der Wahl gerichtlich durchzusetzen und das mit
eindrucksvollem Ergebnis.
Link:
http://www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/20160307-FR-Betriebsrat-Vorfeld.pdf.
Von einer
Vorfeld-Mitarbeiterin, weiß ich, wie wenig Fraport an seinem
Menschenmaterial gelegen ist. Hierzu ein Zitat.
"Ich
weiß seit Anbeginn meiner Tätigkeit, dass die Luft am
Flughafen am schmutzigsten ist. Was soll ich dazu sagen. Es ist
der größte Arbeitgeber in Rhein/Main. Wir wissen das alle....
Auf dem Vorfeld gibt es nur Gehörschutz....Bei uns ist die Luft
explosiv.... " Zitat Ende!
Aufsichtsbehörden
wie Gewerbeaufsichtsamt oder die gesetzliche Unfallversicherung
tauchen vor meinen Vorhaltungen ab. Reichlich befremdlich ist,
dass Fraport nicht der Fach- Berufsgenossenschaft angehört,
sondern als mehrheitlich volkseigener Betrieb bei der
staatlichen Unfallkasse Hessen versichert ist. Das lässt schon
ein Geschmäckle aufkommen. Und so verwundert es nicht, dass der
Leiter des Technischen Aufsichtsdienstes der staatlichen
Unfallkasse Hessen sich besonders erkenntnisresistent zeigt und
ein Befassen mit der speziellen Problematik verweigert mit der
Rechtfertigung, in den Unfallverhütungsvorschriften sei alles
geregelt. Eben nicht. Da geht es durchaus um Werkstattluft aber
nicht um die Luft, die Leute im Bereich laufender Triebwerke auf
dem Rollfeld inhalieren dürfen. Wo Gehörschutz Pflicht ist,
gibt es laufende Triebwerke mit entsprechender Abgasbelastung
und das wird einfach geleugnet. Link-1: http://www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/ultrafeinstaub/ultrafeinstaub-mainz.pdf
Link-2:
http://www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/ultrafeinstaub/Unfallkasse.JPG.
Auch
wenn ich das schon einmal vorgetragen habe, noch ein paar
Gedanken zum Klimawandel, den gerade der Flugverkehr mit seinen
Emissionen in großer Höhe beschleunigt und damit zur
menschgemachten Apokalypse in zunehmendem Ausmaß beiträgt.
Eine Umweltstudie für das Europäische Parlament vom November
2015 kommt zu dem dramatischen Ergebnis, dass der weltweite
Anteil des Luftverkehrs am Klimawandel im Jahre 2050 22%
betragen wird.
Link: http://www.lerchenberg-info.de/fluglaerm/20151201-faz-klimakonferenz.JPG.
Das
Klima ist eine Diva und ist schon ohne menschliches Zutun
reichlich launisch, ohne dass ich jetzt über astrophysikalische
Ursachen spekulieren will. Als Hauptursache für Schwankungen
kommen vor allem große Vulkanausbrüchen in Frage, die sowohl
Staub in große Höhen schleudern als auch Unmengen des
Klimagases CO2 freisetzen und genau das tut die mobile
Menschheit jetzt in großem Stil.
Wie verheerend sich CO2-Ausgasungen auswirken können, zeigte
das große Perm-Trias-Artensterben vor 250 Millionen Jahren.
Damals gab es eine vulkanische Phase vor allem in Sibirien mit
vor CO2 nur so brodelnden Magmaseen (https://de.wikipedia.org/wiki/Perm-Trias-Grenze#Vulkanismus
). Der CO2-Anstieg führte primär zu einem
Temperaturanstieg von ca. 5°. Das reichte für eine
Kettenreaktion aus mit dem nahezu totalen Absterben von Fauna
und Flora. Die Natur hat dann mit den verblieben Lebenskeimen
wieder von vorne angefangen, die CO2-Überflutung per
Fotosynthese langsam abgebaut und als Sedimente dauerhaft der
Atmosphäre entzogen. Und diesen Säuberungsmechanismus drehen
wir gedankenlos wieder um durch Verbrennen der Sedimente in
Gestalt von Kohle, Öl und Gas. Wenn wir so weitermachen wie
bisher, kriegen wir das Kollabieren der Temperaturstabilität
wieder hin. Link: http://www.flughafen-bi.de/Archiv/2017/2017_03_06_VCD-Flyer_Klima.pdf. Und neben unserer allgemeinen Hypermobilität ist
der Luftverkehr zunehmend daran beteiligt, dazu noch in
sensibler Höhe.
Dennoch will ich nicht
pessimistisch sein. Noch nie ist ein Tanz um ein goldenes Kalb
gut ausgegangen. Fraport ist von panischer Wachstumsgier
geradezu besoffen. Ich sehe Parallelen zum Hahn und zum Nürburgring-Desaster.
Der Flugverkehr in Mitteleuropa hat die Wachstumsgrenze erreicht
oder überschritten. Bei immer mehr Menschen beginnt ein
Umdenken.
Lasst uns weiter ein Stachel im Hintern des Löwen sein und für
eine Deckelung der Flugbewegungen eintreten – und damit für
weniger Fluglärm, weniger Schadstoffe, weniger Gesundheitsgefährdung,
weniger Klimaerwärmung und weniger Schädigung unserer
Lebensgrundlagen.
Hartmut Rencker, Mainz
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