Hüttenwanderung
im nördlichen Verwall
29.6.-6.7.2002
Am Wanderangebot
"Bergfrühling im Verwall" reizte uns nicht nur die allen
Teilnehmern unbekannt gewesene Bergwelt der nicht überlaufenen
Verwall-Gruppe, sondern ebenso der blumenreiche Bergfrühling. Unsere
Erwartungen wurden in jeder Hinsicht übertroffen. Das hälftig in
Vorarlberg und Tirol liegende Verwall ist ein wahres Schmuckkästchen
mit dunkelbraunen, aus Glimmergestein aufgebauten wilden Felsgipfeln,
vielen kleinen Gletschern und Dauerschneefeldern, zahllosen kleinen
Seen, rauschenden Bächen und einem überreichen Blumenflor in allen Höhenlagen.
Samstag: Anreise und Aufstieg zur Kaltenberghütte (680 m +)
Wir starteten von unserem Treffpunkt Stuben (1407 m), befreit von
unserem Gepäck, das wir der Materialbahn der Hütte anvertraut hatten.
Bei strahlendem Sonnenschein erfolgte der gemütliche Aufstieg, vorbei
am moorigen Stubensee und mitten durch voll erblühte Hänge mit
Alpenrosen, gesäumt vom kleinen blauen und großwüchsigen punktierten
Enzian. Gegen 17:oo Uhr erreichten wir die sehr gut ausgestattete,
gerade am Vortage geöffnete, blitzsaubere Hütte (2100 m). Herrlicher
Rundblick über die schneebedeckten Gipfel der Lechtaler Alpen mit
Valluga (2808 m) und Wasenspitze (2665 m).
Sonntag: WM-Endspieltag (950 m + / -)
Bei wiederum schönem Wetter Aufstieg zu den Maroi-Köpfen (2522 m).
Abstieg über eine imposante Schneewächte zum aussichtsreichen
Berggeist-Rundweg mit Blick auf unser schneereiches Programm des nächsten
Tages. Die Fußballenthusiasten drängte es zur Übertragung des
WM-Finales ins Tal. Es gelang es uns, mit nur wenigen Minuten Verspätung
das sommerlich trostlos leere St. Christoph (1700 m) zu erreichen und im
einzigen geöffneten Hotel das Endspiel zu sehen. Alsdann auf einem von
Moorseen gesäumten, wahren Promenadenweg zurück zur Kaltenberghütte.
Montag: Erstbegehung zur Konstanzer Hütte (850 m +,
1200 m -)
Schon am Vortag waren wir die Ersten, die unberührte Schneefelder
durchquerten und so sollte es bleiben. Zunächst erschwerter Anstieg über
Schneefelder und wegloses, rutschiges Felsgeröll zum verschneiten, flächigen
Krachenjoch (2650 m), anschließend Steilabstieg über Schneefelder mit
unfreiwilligen Rutschpartien zum noch zugefrorenen Kaltenbergsee (2500
m). Weiter abwärts in "die Ganda" (2350 m) und danach über
zahlreiche Schneefelder wieder hinauf zum Gstansjoch (2573 m). Nach
steilem Überstieg öffnete sich im grünen Südhang bald ein Blumenmeer
(Enzian, Alpenrose, Türkenbundlilie, schwefelgelbe Anemone, Arnika,
Trollblume, schwarzes Kohlröschen usw.) . Unser langer Abstieg führte
uns zur in einem Hochtal gelegenen Konstanzer Hütte (1708 m), einem
Ziel für Biker, überragt von der mächtigen Felsenfestung des 3056 m
hohen Pattriols.
Dienstag: Schwundtag, Erstbegehung zur Darmstädter Hütte (1050
m +, 350 m -)
Einsetzender leichter Regen erschwerte den steilen Anstieg zum 2730 m
hohen Kuchajoch zwischen Kuchenspitze (3148 m) und Scheibler (2978 m).
Christa musste einer erst kürzlich erfolgten Operation Tribut zollen
und trat mit "Serviceman" Sherpa Migma den Rückzug an. Die
Eiligen mussten sich bei feuchter Kälte am Joch sehr gedulden, bis der
Rest eintrudelte, um dann gemeinsam über den großen Kuchaferner zur
Darmstädter Hütte (2384 m) abzusteigen. Einzigartig die Lage der Hütte
inmitten von nicht weniger als sechs Verwall-Hauptgipfeln.
Mittwoch: Weiterweg zur Niederelbehütte, Tag der Entscheidung (775
m F, 850 m G)
Für den Übergang zur Niederelbehütte gibt es zwei Möglichkeiten, den
besonders attraktiven Hoppe-Seyler-Weg oder über das Sesladjöchli.
Wegen der winterlichen Bedingungen auf dem teilweise ausgesetzten
Paradeweg, den wir nicht schon wieder als Erstbegeher testen wollten,
entschlossen wir uns zur schneeärmeren Variante über das Jöchli. Bei
wieder herrlichem Wetter ging es zunächst hinunter zum Kartellboden
(1974 m) und dann über nur wenige Schneefelder hinauf zum wilden,
felsigen Sesladjöchli (2749 m). Schon um 13:oo Uhr Ankunft auf der
Niederelbehütte (2310 m), überragt von der Fatlarspitze (2986 m),
Rucklaspitze (2800 m), Sesladspitze (2906 m) und der Kreuzjochspitze
(2919 m). Als Nachmittagsspaziergang bot sich der Hausberg der Hütte
an, der 2404 m hohe Kappler Kopf mit herrlichem Rundblick bis zu den
Silvretta-Gipfeln.
Donnerstag: Teilaktiver Tag
Da über Nacht bis auf Höhe der Hütte Neuschnee gefallen war, wurde
dieser neblig trübe Tag sehr individuell genutzt. Die
"Freudenhauspreise" auf der Niederelbehütte (Zitat)
veranlassten Ingrid und Wolfgang zu einem Notabstieg ins 1100 m tiefer
gelegene Kappl zum Auffüllen ihrer Finanzen. Hildegard regenerierte ihr
Knie, Hartmut joggte zum wiederholten Male zum Kappler Kopf, während
"Hermann der Unentwegte" zusammen mit "Hermann dem
Gelassenen" und Petra sich nachmittags mit dem Anmarsch auf die
Kreuzjochspitze versuchten. Mit der Höhe zunehmender Neuschnee und
Vereisung geboten aber einen rechtzeitigen Abbruch.
Freitag: Genussspaziergang zur Edmund-Graf-Hütte (600 m +,
500 m -)
Zugabe Hoher Riffler (760 m + / - in knapp 3 Stunden)
Es kündigte sich wieder ein wunderschöner Tag an, genau richtig für
die Genusstour über den blumengesäumten Kieler Höhenweg zu unserer höchstgelegenen
Hütte (2408 m). Einziger Störfaktor waren die plattgefahrenen,
blumenlosen Skihänge und Liftanlagen im Bereich der Dias-Alpe. Gute,
inzwischen wieder schneefreie Steige leiteten uns hinauf zum
Schmalzgrubenjoch (2697 m). Nach dem Überstieg und im weiteren Abstieg
waren noch einige leichte Schneefelder zu überwinden, aber darin waren
wir inzwischen geübt. Schon um 12:30 Uhr erreichten wir die Hütte.
Nach einer Stunde Mittagspause gönnten sich die "Triebigen"
(Hermann, Hartmut und Wolfgang) noch einen Nachschlag mit der Besteigung
des Hausbergs, dem 3198 m hohen Riffler. Ingrid und Petra starteten
ebenfalls einen Versuch, scheiterten aber dann am teilweise
verschneiten, glitschig-rutschigen Steilaufstieg. Auf ihrem
beschaulichen Rückzug wurden sie dann von den Gipfelrennern eingeholt.
Samstag: Abreisetag (1200 m -)
Leichter Abstieg bei einigen Regentropfen nach Pettneu mit Kurzrast in
einer "Buttermilchalm". Ein von der Hütte aus bestelltes
Bustaxi brachte uns zum Startplatz Stuben zurück.
Fazit:
Wir fanden überall gute, um diese frühe Zeit noch nicht überlaufene Hütten
an, mit unberührtem Bettzeug, zum Teil sogar mit Warmwasser
(Wasserkraftnutzung Darmstädter- und Niederelbehütte), freundliche
Wirte und gutes Essen. Ein herzliches Dankeschön gilt Hermann für
Planung und Durchführung.
Ingrid Briese
Teilnehmer:
Dr. Hermann Requadt als Leiter, Hildegard Anstatt, Ingrid und Wolfgang
Briese, Petra Eulitz, Hermann Funk, Hartmut Rencker, Christa Requadt mit
Sherpa Migma als Gast.