Der
Bericht soll nur ein Stimmungsbild und Anregungen
vermitteln, er kann und soll nicht Ersatz für einen
Wanderführer sein.
Seit ein paar Jahren
flüchte ich in der zweiten Novemberwoche immer auf einen kurzen Sprung in
mein geliebtes Allgäu. In diesem Jahr 4 Wochen früher,
weil ich mir die letzte Aufführung des nur alle 5 Jahre
aufgeführten Wilde-Mändle-Tanzes nicht
entgehen lassen wollte, eine kultig-bizarre
Bodenakrobatik von mit Flechten und Grünzeug als
Waldgeister hergerichteten jungen Leuten.
Auto braucht man nicht. Wenn man
starke Verkehrstage vermeidet und rechtzeitig bucht, kostet die bequeme Anreise
mit der Bahn weniger als vierzig Euro, mein diesjähriger Superpreis
mit ICE für gerade mal 11,90 je Richtung war eine Kombination aus
Bahncard, Altersrabatt und Deutschlandticket. Aber auch
regulär wäre das unter 20 Euro geblieben. Die Reisezeit
von Mainz bis Ulm 2:20 Stunden und die stark befahrene
eingleisige Strecke von Ulm
nach Oberstdorf für 100 km fast 3
Stunden. Das ist von der Lobby gelenkte Bahnpolitik. Die
offenkundige Grundstücksspekulation als Hintergrund der
Fehlplanung von Stuttgart 21 lässt grüßen.
Es war
Spätsommerwetter. Gipfel frei. Aber arg diesig. Kein
Fotografierwetter. Deshalb sind einige Fotos aus dem
Archiv.
Mein Quartier
ist seit Jahrzehnten das familiäre Gästehaus Socher mit
Blick zum Rubihorn.
1. Tag:
Wegen recht früher Anreise mit Ankunft vor 11 Uhr war
kleines Programm möglich. Schon der Weg vom Bahnhof Fischen über den Rotfischbach und
aussichtsreich hinauf
nach Schöllang ist bereits ein
wunderschöner Auftakt. Alpin musste es am
Anreisetag nicht werden, zumal abends die Veranstaltung
anstand. Aber der Klassiker Spielmannsau war genau
richtig. Gegen meine Gesinnung gönnte ich mir den
Kleinbus, zumal ich ab Endhaltestelle noch einen
ordentlichen Schlenker zur noch geöffnet gewesenen
Traufbergalp vor hatte. Ab Spielmannsau nur ein kurzes Stück den Fahrweg
zurück zweigt ein sehr bequem zu gehender Tobelweg zur
Alp ab. Blick in den Talschluss mit Bettlerrücken und
Kreuzeck. Als wesentlich längerer Abstieg bot
sich der Fahrweg an, allerdings gar nicht so bequem, denn
es geht zunächst reichlich bergauf und dann um so mehr
hinunter. Der Talgrund wird dann hinter der Alpe Oberau
erreicht. Eine kleine Einkehr mit Blick in den Talschluss
(Archivbild) mit Kratzer, Trettachspitze und Mädelegabel ist Pflicht.
Drei zäh und zugleich müde erscheinende Bergwanderer kamen aus Richtung der längst
geschlossenen Kemptener Hütte. Woher? Holzgau? Nein! Die
drei Leute, zwei Männer und eine Frau haben an einem
einzigen Tag den gesamten Heilbronner Weg mit Anstieg
über die Rappenseehütte und an der Kemptener Hütte
vorbei durchgezogen. Rechnerich sind das über 12 Stunden
reine Gehzeit bis zur Kleinbushaltestelle Spielmannsau. Nichts ist unmööööglich. Für Normalos
tödlich.
Die Zeit bis zur
Aufführung musste überbrückt werden. Also den Wiesenweg
verhalten zurück, vorbei an einer kleinen Kapelle,
später mit Rückblick über die von mir so bezeichnete
Märchenwiese, zuletzt über den Kühberg auf neuem Weg
bis zur Anlaufhöhe der Schanzen. Mit
der schwindenden
Helligkeit dann zur Oybelehalle. Die
Wanne war voll. Fotografieren streng unerwünscht. Deshalb
keine eigenen Fotos. Richtung 23 Uhr nach Schöllang zu
kommen, bedurfte schon einiger Improvisation. Eine so
späteVerbindung gibt es nicht. Beim
Warten auf den einzigen Bus nach Fischen erblickte mich
ein Taxifahrer. Hat uns beiden gedient. Dennoch war die
Nacht miserabel.
2.Tag:
Nach schlechter Nacht bin ich meinen Grundsätzen,
Seilbahnen zu verschmähen, untreu geworden. Ich habe mir
600 m Aufstieg zu der Klassikertour über die Hörner
erspart und habe die Ofterschwanger Weltcupbahn genutzt. Die schon oft
gegangene Strecke habe ich variiert. Nicht geradeaus
weiter zum Ofterschwanger Horn sondern empfehlenswert
über den neuen Steinmandelweg hinter dem Horn herum
mit Rückblick zur Nagelfluhkette
zum südlichen Auf-Abstieg.
Um den Weg zum Gipfel nicht doppelt gehen zu müssen, zuerst gegen
die eigentliche Zielrichtung ein Stück zurück zum
anderen Aufstieg, also eine Umkreisung mit Überquerung
des Gipfels. Die
aussichtsreiche Fortsetzung Richtung Weiherkopf dann wie
markiert. Das Bolsterlanger Horn noch mitzunehmen,
hatte ich keinen Biss, auch den Hüpfer über den
Weiherkopf zur Seilbahn habe ich eingedenk des langen
Asphaltabstiegs vom letzten Jahr ausgelassen. Vor dem Weiherkopf gibt es eine als
leichtere Variante bezeichnete Abkürzung zur Mittelstation
mit Gastronomie. Eine Pause habe ich mir gegönnt, zumal
ich noch einen Umweg über das Sonderdorfer Kreuz machen
wollte. Aber gesättigt hat mich die Seilbahn
verlockt. Alsdann mit dem treffsicher
erreichten Bus nach Fischen mit Restaufstieg nach
Schöllang. Das war wenig, hat mir aber gereicht.
3.Tag:
Wohin, wenn man alles kennt und auch nicht den
großen Schwung hat. Eine etwas zeitraubende, aber leidlich gut
getaktete Anfahrt brachte mich nach Oberstaufen und bis zur
Hochgratbahn mit der Absicht, die Nagelfluhkette westwärts
zu wandern mit dem Ziel Falkenhütte und Hörmoosalp. Der
als etwas schwierig gekennzeichnete, waldreiche Kammweg
war an keiner Stelle ängstigend, aber oft arg grob
mit
einigen Abschnitten an der Haftungsgrenze. Gar nicht
angenehm war das Herrgottsbeton genannte
Nagelfluhgestein aus unter Hitze und hohem Druck fast
verschmolzenem und dann im Rahmen der Auffaltung
hochgepresstem ehemaligem
Flussgeröll. Gelockerte oder marmorglatte
Katzenköpfe und erdige Steilstellen an der Haftungsgrenze
verlangten Trittsicherheit. Der Erlebniswert stand im
umgekehrten Verhältnis zur Mühe. Jedenfalls gab es nicht
durchgängig die
freie Aussicht wie auf dem in die Gegenrichtung führenden sehr langen Kammweg in Richtung Gunzesried
bzw. Immenstadt. In umgekehrter Gehrichtung wäre
aussichtsreicher gewesen. Dann muss man aber ab Talstation
600 Hm über die Falkenhütte aufsteigen oder bequem und
langatmig mit der Imbergbahn und Bus zur Hörmoosalp bzw.
Falkenhütte. Es war nicht mein Tag. Die Falkenhütte hatte Ruhetag,
ebenso die Hörmoosalp. Nur wegen von einem Einsatz
zurückgekommener Bergwachtleuten gab es eine kleine
Versorgung. So bin ich trotz Betriebsruhe
zu einem Radlerbier gekommen. Auf
schottrigen und asphaltierten Wirtschaftswegen absteigen,
verlockte nicht. Trotz Ruhetag der beiden Hütten
verkehrte der Zubringerbus planmäßig. Viel gefahren bin
ich an dem Tag und so wenig gewandert wie noch nie.
4. Tag:
Es darf am Abreisetag auch mal
gemütlich sein. Wieder Seilbahn, dank Gästekarte dieses
Mal aber kostenlos zur Hauptstation unterhalb des
Nebelhorns. Der Blick auf flächendeckend abgestorbene
Fichten macht nachdenklich. Das waren keine
forstwirtschaftlichen Fehlpflanzungen sondern durch
Flugsamen bzw. Vögel in besserer Zeit natürlich
gewachsene Bäume. Der völlig überlaufene
Nebelhornzirkus bietet einige Nahtouren, so ein bereits
früher begangener ganz leichter Klettersteig zum
Nebelhorngipfel, eigentlich ein felsiger Weg mit ein paar
Sicherungen. Erstmals gegangen bin ich den
empfehlenswerten Pfannenholz-Rundweg. Als Runde immerhin
ein aussichtsreicher
Aufschwung über 150 Höhenmeter oder über weitere
150 Hm direkt weiter zur Seilbahnstation am Gipfel. Alle
Varianten sind empfehlenswert, egal in welcher
Gehrichtung. Und zum Abschluss noch der unvermeidliche
Schlenker zum Aussichtspunkt Zeigersattel mit Rückblick
auf das Nebelhorn, Talblick
und Blick auf den Seealpsee. Nach einer
empfehlenswerten Salatschüssel im großen SB-Restaurant
wieder mit Seilbahn mit Blick
auf die Schanzen und Herbstlaub
hinunter nach Oberstdorf.
Nachhaltig gesättigt
vom Grünzeug ließ ich das obligatorische Café
Franziskus aus und lungerte im kleinen Kurpark herum bis
zur für mich relativ frühen Abfahrt um 15:40 Uhr.
Natürlich mit Verspätung an den Umsteigestellen Ulm und Mannheim. Knapp getaktete Anschlüsse wären weg
gewesen. Nur wegen vorsorglich mit ca. 20 Minuten
gewählten Umsteigezeiten ist dann doch
alles gelungen. Um 21 Uhr war ich zu Hause. Ein großer
Vorteil des Allgäus ist die trotz Bummelstrecke von Ulm
nach Oberstdorf für die meisten Gäste überschaubare
Anreise, die am An- und noch mehr am Abreisetag volles
Programm möglich macht.
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